CGColloquium WiSe 2011/2012 Titelmotiv

© saimen. - "Invasion des Herbstes" (2009) - https://www.photocase.de/

Interdisziplinäre feministische Perspektiven
Sprache: 
Deutsch
Präsenzveranstaltung
26. Oktober 2011 (all day) bis 8. Februar 2012 (all day)
Wintersemester 2011/2012

Raum 238 (2. OG)

„Die Blütenblätter … dienen als Brautbett, das der Schöpfer so glorreich hergerichtet, mit den feinsten Bettvorhängen geschmückt und mit vielen zarten Wohlgerüchen erfüllt hat, damit Bräutigam und Braut ihre Hochzeit dort besonders prächtig feiern können. Ist nun das Lager dergestalt bereitet, wird es Zeit, dass der Bräutigam seine geliebte Braut umfängt und ihr seine Geschenke macht.“, so beschreibt Carl von Linné (1707-1778), der Begründer des modernen botanischen und zoologischen Klassifikationssystems, die „Hochzeit der Pflanzen“ (1730). Linné wies Pflanzen und Tieren nicht nur zwei Geschlechter zu, sondern ordnete sie darüber hinaus nach menschlichem Vorbild. So enden die Namen der Pflanzenklassen mit der Silbe „andria“ (griech. aner=Ehemann) und die Namen der niedrigeren Klassifikationsstufe, der Pflanzenordnungen, mit der Silbe „gynia“ (griech. gyne=Ehefrau).

Geschlechterbeziehungen waren und sind bis heute vielfach über Naturbezüge und Naturmetaphern codiert. Was ‚Geschlecht’ ist, scheint ‚natürlich’ bestimmt und demzufolge sozial und politisch selbstverständlich gültig. Interdisziplinäre feministische Forschung geht den Herstellungsbedingungen, Begründungen und Auswirkungen solcher Konstruktionen nach, deckt sie auf und erschließt damit neue Erkenntnis- und Handlungspotenziale. Dabei sind Analysen der Übertragung menschlicher Geschlechterbeziehungen auf ‚Natur’ ebenso Gegenstand in Forschung und Lehre wie Auseinandersetzungen mit der Legitimierung gesellschaftlicher Geschlechterordnungen durch ‚Natur’. Aktuelle theoretische Ansätze reichen von anthropozentrismuskritischen bis hin zu posthumanistischen Entwürfen. Zentral geht es um relationale Verknüpfungen und darum, wie Grenzen gezogen und Differenzen hergestellt werden. Geschlechtsbestimmungen erscheinen vor diesem Hintergrund als höchst komplexe und voraussetzungsvolle Prozesse in einem Netzwerk verschiedener, menschlicher und nicht-menschlicher Akteure.

Die Cornelia Goethe Colloquien befassen sich in diesem Wintersemester mit diesen für die Frauen- und Geschlechterforschung zentralen Fragen und stellen aus interdisziplinärer Perspektive unterschiedliche Themenfelder zur Diskussion: Es geht um Ökologie und Feminismus, um theoretische Perspektiven nach dem ‚material turn’, um Animal Studies, um biologische Geschlechtertheorien, um eine Geschichte des ‚Pränatalen’ und um die Bedeutung von DNA Analysen bei Einwanderungsverfahren.

Veranstalter*in: 
Konzeption: 
Marianne Schmidbaur
Koordination: 
Stefan Fey, Daniela Müller, Cecilia Scheid

Sie sind herzlich eingeladen, sich zu informieren und mitzudiskutieren!