Die Verhandlung von Menstruation im Spannungsfeld von Geschlecht, Natur und Technik
Geschlechtersoziologie
Science and Technology Studies

Die Menstruationsblutung gilt häufig als Spezifikum weiblicher Existenz. Doch nicht alle Frauen menstruieren, und nicht alle Menstruierenden sind Frauen. Welchen Stellenwert hat also die Blutung für Menstruierende? In meiner Dissertation erforsche ich im Rahmen einer qualitativen Interviewstudie den Bezug Menstruierender auf Konzepte von Natürlichkeit und Geschlecht im Kontext der Menstruationsblutung. Bezüge auf Geschlecht und Natur bzw. vergeschlechtlichten Natürlichkeit besitzen historisch und gegenwärtig im gesellschaftlichen Umgang mit Menstruation zwar eine große Wirkmächtigkeit, werden aber – so meine These – von Menstruierenden sehr unterschiedlich ausformuliert und eingesetzt. Als Feld für die Überprüfung dieser Vermutung konzentriere ich mich in meiner Forschung auf den Gebrauch bzw. Nicht-Gebrauch menstruationssteuernder Technologien wie der Antibabypille.Von besonderem Interesse ist für mich die Frage, auf was für Vorstellungen von Natur bzw. Natürlichkeit sich meine Interviewpartner:innen beziehen und wie sie diese in Praktiken eines vergeschlechtlichten Embodiements ausformulieren und leben. Mit Hilfe der Intersektionalen Mehrebenenanalyse werde ich dafür aus dem Material eine macht- und herrschaftskritische Typisierung von vergeschlechtlichten Naturbezügen Menstruierender/Bezügen auf Geschlecht und Natur vornehmen und diese mit entsprechenden feministischen Theoriebezügen in Dialog bringen.Das theoretische Grundgerüst meines Dissertationsvorhabens setzt sich zusammen aus Ansätzen der kritischen Geschlechterforschung, feministischen Theorien, Gouvernementalitätsstudien sowie der Science and Technology Studies. Ich verorte mich in einer feministischen Wissenschaftspraxis, die sich von Dualisierungen und Essentialisierungen löst, Objektivitätsansprüche neu formuliert und mit Donna Haraway einem Verständnis von Wissenschaft als ‚situiertem Wissen‘ folgt. Dabei interessiert mich das jeweilige Verständnis von Geschlecht, Natürlichkeit und Technologie als Produkt von Wissenskulturen, die Funktion dieser Kategorien sowie potentielle Grenzverschiebungen, die diese sich wandelnden Konzepte in der Selbst- und Fremdkonstitution des menstruierenden Subjekts hervorrufen und erfahren können.