In meinem Dissertationsprojekt untersuche ich soziale Vielfalt über die binationale Herkunft junger Erwachsener. Es wird davon ausgegangen, dass die jungen Erwachsenen über ihre binationale Herkunft eine Disposition zur Vielfalt haben. Die binationale Herkunft kann dann im Sinne von Delcroix als subjektive Ressource betrachtet werden, wodurch junge Erwachsene neue – zum Beispiel transkulturelle oder transnationale – Handlungsmöglichkeiten erschliessen können. Hier setzt das französische Konzept Mixité an, indem es versucht Vielfalt heuristisch zu erfassen und soziale Praxen im Kontext von Vielfalt zu verstehen. Mit dieser Perspektive kann Vielfalt als ein Prozess verstanden werden, der in sozialen Interaktionen hergestellt wird und gerade in der Adoleszenzphase zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit Fragen um Zugehörigkeit führen kann.Um zu untersuchen wie und unter welchen Bedingungen Vielfalt in den Biographien relevant wird, wurde ein biographietheoretischer Zugang gewählt. Hierfür führte ich narrativ-biographischen Interviews mit 16 jungen Erwachsenen aus der Schweiz und 7 jungen Erwachsenen aus Marokko, die ich narrationsanalytisch nach Schütze analysiert habe. Der internationale Vergleich der biographischen Rekonstruktionen basiert auf einer intersektionalen Perspektive, die es mir ermöglicht, die beiden Forschungskontexte kontrastiv zu vergleichen und das gesellschaftliche Bedingungs- und Bedeutungsgefüge für ein Leben mit Mehrfachzugehörigkeiten besser zu verstehen. Es wurde deutlich, dass Mehrfachzugehörigkeit je nach Gewichtung von race, class und nationaler Herkunft und gesellschaftlichem Migrationsdiskurs als Stigma im Sinne Goffmans erlebt werden kann. So sind junge Erwachsene stets aufs Neue darum bemüht eine Balance zu finden zwischen Fremd- und Selbstbild, wobei sie individuelle und kreative Strategien gefunden haben um dies zu erreichen.
Selbstwahrnehmung und Positionierung junger Erwachsener binationaler Herkunft in Marokko und der Schweiz. Eine biographieanalytische Studie
Soziologie